Bericht zum BISp-Symposium „Erfolgsfaktor Trainer: Bausteine erfolgreichen Trainerhandelns im Nachwuchs- und Spitzensport“ in der Reihe „Theorie trifft Praxis“ (29.-30.04.2013 in der Fachhochschule des Bundes (FH Bund) in Brühl.
Jürgen FischerQuelle: Klaus Klein, BISp
Schlüsselperson im Betreuungsumfeld des Spitzensporttreibenden ist der Trainer bzw. die Trainerin. Die jeweilige Handlungskompetenz der Trainer und Trainerinnen beeinflusst im besonderen Maße die sportliche Leistungsentwicklung. Dafür sind verschiedene Faktoren verantwortlich: die enge und zeitintensive Beziehung zu den Sportlerinnen und Sportlern, die vielfältigen Aufgaben, die mit der Rolle des Trainers bzw. der Trainerin im Nachwuchs- und Spitzensport verbunden sind, sowie die soziale Struktur der Trainings- und Wettkampfsituation. Eine qualifizierte und erfolgreiche Trainertätigkeit erfordert ein hohes Maß unterschiedlicher fachlicher und methodischer, aber auch sozial-kommunikativer und strategischer Kompetenzen, um die vielfältigen Aufgaben adäquat bewältigen zu können.
Zur Weiterentwicklung dieser Trainerkompetenzen sind in den letzten Jahren beim BISp zahlreiche Projekte gefördert worden. Besondere Berücksichtigung der Forschungsförderung haben dabei in den letzten Jahren Projekte erhalten, die sowohl zur Erfassung als auch zur Optimierung der Trainer-Sozialkompetenz wissenschaftlich fundierte und praxisnahe Hilfsmittel entwickelt haben.
Mit dem Symposium „Erfolgsfaktor Trainer: Bausteine erfolgreichen Trainerhandelns im Nachwuchs- und Spitzensport" wurden einerseits diese aktuellen Forschungsansätze und -erkenntnisse vorgestellt. Dabei wurde näher auf die Bedeutung der Kompetenzbereiche und auf deren mögliche Vermittlungswege im Rahmen der Zusammenarbeit mit bzw. Ausbildung von Trainern und Trainerinnen eingegangen. Aufgrund der hohen Anzahl vorliegender und laufender Studien lag ein Schwerpunkt dieses facettenreichen Veranstaltungsthemas auf der Sozialkompetenz (im weitesten Sinne) als wichtiger Baustein einer erfolgreichen Handlungskompetenz von Trainerinnen und Trainern. Andererseits wurde Raum gelassen für einen Dialog und Diskussion der Sportpraxis mit der Wissenschaft zu Möglichkeiten einer stärkeren Verankerung und Nutzung vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse und Hilfsmittel in den Curricula der Spitzenverbände und ihren Trainern und Trainerinnen.
Prof. Dr. Jürgen KrugQuelle: Klaus Klein, BISp
Der Startschuss für das Symposium erfolgte nach dem Grußwort des Direktors des BISp, Jürgen Fischer, durch Statements aus Sicht der Wissenschaft (Prof. Dr. Jürgen Krug, Universität Leipzig) und der Sportpraxis (Dr. Jörg Bügner, Deutscher Olympischer Sportbund, DOSB). Hier wurden strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen des Trainerberufes beschrieben, sowie zu den komplexen Anforderungen und Rollen von Trainern und Trainerinnen im Rahmen ihrer Arbeit im Handlungsfeld Spitzen- und Nachwuchsleistungssport eingegangen.
Anschließend stellten drei wissenschaftliche Arbeitsgruppen gemeinsam mit Verbandsvertretern ihre laufenden Arbeiten zur Thematik vor.
Prof. Andreas Hohmann (Universität Bayreuth) beschrieb eindrucksvoll das Selbstverständnis von Trainerinnen und Trainern zu Merkmalen erfolgreichen Trainerhandelns im Nachwuchsleistungsport. Es wurde deutlich, dass erfolgreiche Nachwuchstrainer und -trainerinnen ihrer Tätigkeit im Sinne einer ganzheitlichen, langfristigen und nachhaltigen Entwicklungsperspektive in hohem Maße eine Erziehungs- und Ausbildungsfunktion im und durch Training zuschreiben. Ebenso messen sie der Teamorientierung und den Trainingsgruppen eine maßgebliche Bedeutung bei. Gute Trainerarbeit im Nachwuchsbereich ist daher durch ein systemdynamisches Denken, Planen und Handeln im sozialen Beziehungsgefüge zwischen Athlet, Athletengruppe, Eltern, Schule, Freunden und weiteren Umweltfaktoren gekennzeichnet. Dieses setzt entsprechende soziale Handlungskompetenzen voraus.
Dr. Jörg BügnerQuelle: Klaus Klein, BISp
Prof. Frank Hänsel (TU) präsentierte gemeinsam mit Uwe Mäde vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) Studienergebnisse zu dem laufenden Projekt „Trainings- und Wettkampfqualität aus Athleten- und Trainersicht“. Hier wurde vor allem auf die avisierten Transfermaßnahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit über die Implementierung in die Trainerausbildung der im Projekt beteiligten Verbände näher eingegangen. In seinem Statement legte der DLV-Vertreter seine Erwartungen an das Projekt und die schon jetzt festegelegten Ziele zur Nutzung der Erkenntnisse beim DLV im Nachgang des Projektes dar.
Mit ihrem Vortrag „Jetzt muss er das nur noch in die Köpfe der Spieler bringen!“ gaben Prof. Carmen Borggrefe (Universität Stuttgart) und Prof. Klaus Cachay (Universität Bielefeld) Auskunft über ihre laufenden Forschungsarbeiten zu kommunikativen Anforderungen von Trainern im Spitzensport. Der derzeit wohl erfolgreichste Bundestrainer im deutschen Spitzensport, Markus Weise (Hockey-Herren), bereicherte die Ausführungen mit seinen Rückmeldungen zu seiner Teilnahme am Projekt, die er als sehr positiv, wenn auch teilweise „recht schmerzhaft“ für sich selbst wahrgenommen hat.
Markus WeiseQuelle: Klaus Klein, BISp
Zwei Vorträge über die Arbeiten der Forschungsgruppe um Prof. Michael Kellmann (Ruhr-Universität Bochum) zu den Bedingungen erfolgreichen Coachings rundeten den ersten Veranstaltungstag ab:
In seinem Vortrag „Persönlichkeit und Leitungskompetenzen des Coaches“ berichtete Dr. Michael Krug gemeinsam mit Markus Finck von der Trainerakademie des DOSB (TA) über die Diagnostiktools und Onlineplattform zur sportpsychologischen Diagnostik (www.sportpsychologie-diagnostik.de), die im Rahmen eines Forschungs- und daran anschließenden Betreuungsprojektes zur Erfassung und Beurteilung berufsrelevanter Persönlichkeitseigenschaften für Trainer entwickelt und an der TA Köln eingesetzt werden.
Dr. Thorsten Weidig stellte zusammen mit Marc-Patrick Meister, beide vom Hamburger Sportverein, Möglichkeiten zur Erfassung und Optimierung der Handlungskompetenz von Trainern in Wettkampfpausen vor. Dabei wurde auf die Entwicklung und Nutzung eines Fragebogens zur Selbst- und Fremdeinschätzung des Trainerverhaltens in Wettkampfpausen sowie auf die Einsatzmöglichkeiten einer standardisierten Beobachtungsmethode des Trainerverhaltens in der Sportpraxis eingegangen.
Am zweiten Programmtag wurden vier ganz unterschiedliche Ansätze zur Bereicherung der Trainerkompetenzen in ihren Facetten vorgestellt.
Den Anfang machte Prof. Dr. Alfred Richartz (Universität Hamburg), der gemeinsam mit dem Landeslehrwart des Hamburger Judo Verbandes, Helmut Behnke, sein laufendes Forschungsprojekt „Lernunterstützung durch neue Medien in der Traineraus- und Fortbildung am Beispiel der pädagogischen und sozialen Kompetenzen“ vorstellte.
Dr. Wolfgang Klöckner beschrieb mit seinen Ausführungen zu „NextTrain: Wohin erweitern sich die Kompetenzprofile von Trainern, wenn sie sich als Umwelten ihrer Mannschaften verstehen (lernen)?“ einen innovativen Teamberatungsansatz. Im Einzelnen werden bei diesem Projektansatz im Leistungsbereich des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) ein Verständnis optimierter Steuerung des Leistungssports strukturell abgebildet und entlang effizienter Zielvorgaben flexible Entscheidungs- und Umsetzungsprozesse organisatorisch implementiert. Ulrich Forstner, Bundestrainer Wissenschaft des DHB, flankierte den Vortrag mit seinen Rückmeldungen zur bisherigen Zusammenarbeit.
Das Projekt „Trainerteamentwicklung für den Deutschen Turnerbund“ wurde auf Wunsch der Cheftrainerin der Frauennationalmannschaft des Deutschen Turner Bundes, Ulla Koch, mit Prof. Dr. Jens Kleinert (Deutsche Sporthochschule Köln, DSHS) initiiert. Mit der Zielsetzung für die zukünftige Arbeit Spannungen und Konfliktpotenzial zwischen Trainern und Trainerinnen abzubauen und zugleich die Kooperation und Zusammenarbeit zu optimieren, wurde für das Trainerteam Kunstturnen der Frauen eine teambildende Maßnahme entwickelt, deren zentrales Element in einem Zielsetzungstraining für das gesamte Trainerteam bestand.
Dr. Kai Engbert (TU München) referierte zum Abschluss der Vortragsreihe über seine Erfahrungen und Möglichkeiten zur Optimierung der Trainer-Sozialkompetenz im Rahmen der sportpsychologischen Betreuung.
Quelle: Klaus Klein, BISp
An der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen Dr. Jörg Bügner (DOSB), Prof. Dr. Frank Hänsel (TU Darmstadt), PD Dr. Gabriele Neumann (BISp), Prof. Dr. Lutz Nordmann (Trainerakademie Köln), Ute Schinkitz (Bundestrainerin Schwimmen, DBS) und Markus Weise (Bundestrainer Herren, Deutscher Hockey Bund) unter Moderation von Dr. Thomas Abel (DSHS Köln) teil.
Mit Bezug zu den vorgestellten Beiträgen des Symposiums erfolgte in der Diskussion von den Beteiligten zunächst eine Reflexion zur Frage, was einen erfolgreichen Trainer / eine erfolgreiche Trainerin ausmacht. Empathie, Zufriedenheit, Partizipation, kommunikative und Leitungskompetenzen wurden hier - wie auch in den Vorträgen - als wichtige Bausteine erfolgreichen Trainerhandelns genannt und von Markus Weise und Ute Schinkitz exemplarisch unterfüttert.
Anschließend wurde näher auf Stolpersteine für einen erfolgreichen Transfer in die Praxis eingegangen. Kernfrage war hier, woran es liegen könnte, dass - obwohl vielfältige praxisnahe „Hilfsmittel“ zur Erfassung und Optimierung der Sozial-, Kommunikations- und Leitungskompetenz für Trainer vorliegen, die aus wissenschaftlichen Projekten entstanden sind, nach Projektabschluss die Berücksichtigung und tatsächliche Nutzung z.B. in der Trainerausbildung oder direkt beim Trainer häufig scheitern? Neumann führt dazu aus, dass für das BISp die Nachhaltigkeitssicherung per se ein wichtiges Anliegen sei. Im Rahmen seiner Projektförderung kann das BISp jedoch lediglich über verschiedene Maßnahmen den Transfer in die Verbände mit anstoßen; die Implementierung muss über die Verbände selbst erfolgen. Und diese Implementierung gelingt leider nicht zufriedenstellend. Bügner weist darauf hin, dass die Nachhaltigkeitssicherung über die vorliegenden Strukturpläne, Ausbildungskonzeptionen der Verbände und über eine stärkere Vermittlung an Trainer und Trainerinnen im Nachwuchsbereich angegangen werden müsste. Aus Sicht von Neumann ist dadurch jedoch noch nicht beantwortet, wie wissenschaftliche Erkenntnisse überhaupt und durch wen in diese Strukturen kommen.
Dass die Sportpraxis frühestmöglich seine Wünsche bei der Entwicklung wissenschaftlicher Unterstützungsleistungen äußern sollte und gemeinsam mit den wissenschaftlichen Arbeitsgruppen durch aktive Mitarbeit dazu beitragen kann, praktikable und akzeptierte Hilfsmittel z.B. für die verbandsinterne Trainerausbildung zu schaffen, wird von Hänsel noch einmal hervorgehoben. Aber wie kann die Zusammenarbeit zwischen der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe mit dem Sport verbessert werden, damit gemeinsam und frühzeitig die Nachnutzung dieser und weiterer Erkenntnisse und Verfahren in den Sport gesichert wird?
Hänsel schlägt vor, bei dem Prozess zur Nachhaltigkeitssicherung zwischen drei Phasen zu unterscheiden, nämlich einer Entwicklungsphase mit Wirksamkeitsüberprüfung im Projektverlauf, einer Implementierungsphase und der abschließenden Routinephase. Da jede Veränderung organisatorische und ggf. strukturelle Arbeiten beinhaltet, müssen diese in den Verbänden frühzeitig eingeleitet und gemeinsam mit allen Beteiligten abgestimmt werden. Ganz wichtig dabei ist die Klärung der finanziellen Belastungen und wer die Kosten der Implementierung übernehmen kann.
Nordmann berichtet von seiner engen Zusammenarbeit mit dem BISp und vielen Projektnehmern, die im Rahmen seiner Trainerausbildung aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse transportieren. Hier gelingt der Transfer gut. In den Verbänden dagegen müssten die „Entscheider“ intensiver mit in die Planungen einbezogen werden und könnten von der Teilnahme an Veranstaltungen wie dem BISp-Symposium profitieren.
Aus dem Plenum kommen zusätzliche Anmerkungen: Wiemeyer (TU Darmstadt) hält ein Plädoyer für eine Verpflichtung der Verbände zur Sicherung der Nachhaltigkeit von wissenschaftlichen Erkenntnissen, die aus Forschungsprojekten kommen. Aus Sicht von Krug (Universität Leipzig) ist die Schnittstellenvernetzung der Institutionen und Verbände defizitär, wobei die einzelnen Systemkomponenten gut ausgebildet seien.
Quelle: Klaus Klein, BISp
Neumann informiert abschließend darüber, dass im Nachgang zum Symposium ein erster Workshop zur weiteren Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten einer stärkeren Verankerung und Nutzung vorliegender wissenschaftlicher Ansätze und Hilfsmittel konkret zum Thema Sozialkompetenz in den Aus- und Fortbildungssystemen der Verbände stattfinden wird. Hier sollen u.a. die Überlegungen aus dem Symposium genutzt werden, um gemeinsam mit Vertretern aus der Wissenschaft und dem Sport erste Lösungsmodelle zu diskutieren und ggf. gemeinsam vorzubereiten. Könnte man beispielsweise Abhilfe schaffen über die Entwicklung von Aus- und Fortbildungsangeboten zu spezifischen Aspekten der Trainer-Sozialkompetenz (wie im Symposium vorgestellt), die den Verbänden als Gesamtpaket zur Verfügung gestellt werden? Sollte sich der hier initiierte Weg als zielführend erweisen und die Sportverbände und Trainerschaft die daraus noch zu entwickelnden Angebote annehmen, könnte dies ein richtungweisender Weg zur Optimierung des Wissenstransfers in die Sportverbände darstellen.
Dr. Quade (BISp) schließt das Symposium und bedankt sich für die rege Beteiligung.
Noch fehlende Präsentationen werden nach Eingang unverzüglich zum Herunterladen bereit gestellt.
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