45. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie: „Angewandte Sportpsychologie“ vom 09.-11.05.2013
Am 09. - 11. Mai 2013 fand die 45. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) in Halle (Saale) statt. Die Tagung wurde von Prof. Dr. Oliver Stoll (Universität Halle) gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) ausgerichtet und fand mit über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der Wissenschaft, aus dem Sport und aus dem Anwendungsfeld der praktisch tätigen sportpsychologischen Expertinnen und Experten regen Anklang.
Es gehört schon fast zur guten Tradition, dass das BISp als Mitveranstalter der asp-Jahrestagung auftritt. Dafür gibt es gute Gründe: mit der asp verbindet das BISp eine langjährige, intensive und harmonische Zusammenarbeit. Diese enge Kooperation hat in den letzten Jahren erheblich zum Aufschwung der angewandten Sportpsychologie im Bereich des deutschen Spitzensports und Nachwuchsleistungssports beigetragen. Und diese intensive Zusammenarbeit gilt es insbesondere in diesen Zeiten weiter zu pflegen und auszubauen.
Die deutsche Sportpsychologie erlebt derzeit tiefgreifende Veränderungen. Dies ist wesentlich der Tatsache geschuldet, dass die Sportpsychologie sich als gesellschaftliches Thema insbesondere im Bereich des Spitzensports zunehmend etabliert hat. Hiermit verbunden sind eine vermehrte Wahrnehmung der Öffentlichkeit und gesteigerte Ansprüche sowohl an praktische Arbeit als auch an die Forschung.
Die Fördereinrichtungen der Sportpsychologie – die asp, das BISp und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) – sowie die in der Wissenschaft und in der Praxis tätigen sportpsychologischen Expertinnen und Experten stellen sich derzeit gemeinsam diesen Herausforderungen.
Zu den Schwerpunkten der vielfältigen Aktivitäten, die zur Weiterentwicklung der angewandten Sportpsychologie beitragen sollen, zählen ganz aktuell die gerade erfolgreich abgeschlossenen umfangreichen Arbeiten der asp zur Umstrukturierung der sportpsychologischen Aus- und Fortbildung. Hier wurden in vier Jahren gemeinsam mit dem BISp, dem DOSB und vielen sportpsychologischen Expertinnen und Experten Meilensteine zur Professionalisierung und Qualitätssicherung der sportpsychologischen Betreuungsarbeit erarbeitet. Dazu gehören auch die aus diesen Änderungen erfolgten notwendigen Anpassungen der Aufnahmekriterien für die BISp-Expertendatenbank sowie die seit 2012 gültige neue Gebührenordnung für sportpsychologische Leistungen. Die zukünftig vorliegenden Arbeitshilfen und Leitlinien zum Qualitätsmanagement der sportpsychologischen Betreuungsarbeit im Leistungssport, die in den letzten Jahren über ein BISp-Projekt erarbeitet werden konnten, bilden einen weiteren wichtigen Baustein zur stetigen Weiterentwicklung einer modernen und sich qualitativ den höchsten Ansprüchen stellenden sportpsychologischen Betreuungsarbeit.
Zur Bewältigung der stetig wachsenden Herausforderungen sind in allen Bereichen der angewandten Sportpsychologie hohe sportpsychologische Kompetenzen und Verantwortung notwendig. Von daher trifft das Tagungsthema exakt den Puls der Zeit und spiegelt sowohl mit seinem Tagungsthema „Angewandte Sportpsychologie“ und seinen zahlreichen Beiträgen und Anregungen die vielfältigen aktuellen Aktivitäten, Fragestellungen und Entwicklungen im Bereich der angewandten Forschung und Betreuung im Sport wieder.
Schaut man sich das Gesamtprogramm an, zeigt sich eine große Bandbreite der aktuellen Forschungs- und Betreuungstätigkeiten in der angewandten Sportpsychologie. Das umfangreiche wissenschaftliche Programm umfasste vier Hauptvorträge, 103 Vorträge in 22 Arbeitskreisen und 45 Posterdiskussionen. Darunter fielen auch zahlreiche laufende oder gerade abgeschlossene sportpsychologische Forschungs- und Betreuungsprojekte des BISp, die hier präsentiert und diskutiert wurden.
Im Rahmen der Tagung wurde zudem zum ersten Mal in dieser Form fünf Praxisworkshops für Trainer bzw. Trainerinnen und in der Praxis tätige sportpsychologische Expertinnen und Experten angeboten. Dabei wurden Best-Practice-Modelle erfahrener Expertinnen und Experten und deren methodische Vorgehensweisen z.B. zur lösungsorientierten Gesprächsführung beim sportpsychologischen Coaching, zum videounterstützten Vorstellungstraining und zum Training der Psychophysischen Regulation vermittelt. Da seit 2013 für die praktisch tätigen sportpsychologischen Experten und Expertinnen auf der BISp-Expertendatenbank eine Fortbildungsverpflichtung besteht, wurde der Besuch dieser Veranstaltungen mit je 2 Unterrichtseinheiten angerechnet und die Teilnahme schriftlich bestätigt. Mit diesem Vorgehen wurden neue und wichtige Wege beschritten, um zur Informationsvermittlung und zur Qualitätssicherung der sportpsychologischen Betreuungsarbeit im Spitzensport beizutragen.
Renommierte Vertreter der Sportpsychologie und Psychosomatischen Medizin und Psychotherapie gaben in ihren Hauptvorträgen Einblicke in ihren sportpsychologischen Betreuungsalltag, zu aktuellen Forschungsthemen und Perspektiven der Sportpsychologie im Kontext des Kongressmottos. Dr. Hanspeter Gubelmann (ETH Zürich) führte mit seinem Beitrag „Alltag Spitzensport: Sportpsychologische Intervention jenseits von Rezepten, Ratschlägen und Rasterdenken“ sehr anschaulich und persönlich in die Tagungsthematik ein. Dr. Sophia Jowett (Loughborough University, UK) zeigte mit ihrem Thema “Relational coaching in sport: Its psychological underpinnings and practical effectiveness“ neue Wege im sportpsychologischen Coaching auf. Dr. Joachim Stöber (University of Kent, UK) berichtete mit seinem Vortrag “The Dual Nature of Perfectionism in Sport“ über wissenschaftliche Befunde zum Thema, ob und inwiefern Perfektionismus im Sport eher leistungsfördernd oder -limitierend einzuschätzen ist. Prof. Dr. Almut Zeeck von der Universitätsklinik Freiburg griff mit seinem Thema „Körperliche und sportliche Aktivität als Pathologie: Essstörungen und Sportsucht“ wichtige Facetten zum hochaktuellen Problem der psychischen Erkrankungen im Sport auf.
Dass die Musikpsychologie und Musikpraxis viele vergleichbare Arbeits- und Problembereiche mit der angewandten Sportpsychologie und Sportwissenschaft aufweisen, wurde schon auf dem BISp-Symposium 2009 über den Vortrag Prof. Dr. Heiner Gembris (Universität Paderborn) deutlich. Auch auf der diesjährigen asp-Tagung war die neu gegründete Gesellschaft für Musikerpsychologie zu Gast.
Die Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Austausch und Blick „über den Tellerrand“ hin zu anderen Disziplinen und ihren Arbeitsweisen die eigene Arbeit befruchtet und viele neue Ideen mit sich bringen. Bei der 46. Jahrestagung der asp im Mai 2014 in München möchte Prof. Dr. Jürgen Beckmann (TU München) als Veranstalter diese Synergiemöglichkeiten vertiefen und wird die Tagung deshalb in Kooperation mit der Musikhochschule München ausrichten.